Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Zeugnisrecht

Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer, die gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Lebensalters verstößt, auch in einem Kleinbetrieb unwirksam ist (Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14). Denn das Kündigungsschutzgesetz ist grundsätzlich nur auf Betriebe anwendbar, die mehr als 10 Arbeitnehmer nach einem bestimmten Berechnungsmodus auf Vollzeitbasis beschäftigen.

Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die im Zeitpunkt der Kündigung 63 Jahre alt war und seit dem 16.12.1991 als Arzthelferin bei ihrem Arbeitgeber, einer Gemeinschaftspraxis, tätig war. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Zuletzt war die Klägerin überwiegend im Labor eingesetzt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und zwar wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. In dem Kündigungsschreiben führten die Arbeitgeber zur Begründung der Kündigung an, die Klägerin sei inzwischen „pensionsberechtigt“.

Das Bundesarbeitsgericht kam zum Ergebnis, dass die Kündigung gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoße und deshalb unwirksam sei. Der Arbeitgeber habe keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der Pensionsberechtigung zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliege. Außerdem hat die Arbeitnehmerin einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht. Da das Bundesarbeitsgericht zum Grund und zur Höhe des Anspruchs keine verbindlichen Feststellungen machen konnte, hat es die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Fazit
In Anbetracht des vorgenannten Urteils empfiehlt es sich für Arbeitgeber, in einem Kündigungsschreiben keine Begründung für die Kündigung anzugeben. Denn nach § 22 AGG ist es zunächst ausreichend, dass der Arbeitnehmer Indizien für eine Benachteiligung – wie hier wegen des Alters aufgrund des Hinweises zur Pensionsberechtigung im Kündigungsschreiben – vorträgt. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, diese Vermutung zu widerlegen. Dieser Gegenbeweis ist naturgemäß für den Arbeitgeber äußerst schwierig, wobei ihm dies offenbar in dem hier entschiedenem Fall nicht gelungen ist. Nur in Ausnahmefällen ist es notwendig, die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bereits im Kündigungsschreiben zu begründen. Dies trifft beispielsweise auf die Kündigung von Auszubildenden zu, die in einem Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stehen oder auch auf Arbeitsverhältnisse, auf die ein Tarifvertrag anzuwenden ist, der das Begründungserfordernis im Kündigungsschreiben zwingend vorsieht.

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