Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Arbeitsvertragsrecht

Verfallklauseln und Mindestlohn

Oftmals enthalten Arbeitsverträge eine sogenannte „Verfallklausel“, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass eine solche Vertragsklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie entgegen § 3 Abs. 1 MiLoG den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nicht ausnimmt (BAG Urteil vom 18.09.2018 - 9 AZR 162/18 - ).

Dem vorgenannten Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger, dessen Arbeitsvertrag vom 01.09.2015 eine Verfallklausel enthielt, begehrte von seinem Arbeitgeber Urlaubsabgeltung, nachdem sein Arbeitsverhältnis aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs mit Ablauf des 15.08.2016 endete. Der Arbeitgeber berief sich auf die 3-monatige Ausschlussfrist, da hier der Kläger erst am 17.01.2017 seinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gerichtlich geltend gemacht hat. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die vertragliche Ausschlussklausel gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Denn diese Klausel würde entgegen § 3 Abs. 1 MiLoG keine Ausnahme für den ab 01.01.2015 zu zahlenden Mindestlohn beinhalten. Ihre Aufrechterhaltung für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei deshalb nicht möglich. Da die Ausschlussklausel unwirksam ist, hatte die Revision des Klägers Erfolg. Dies führte zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, wonach der Klage auf Urlaubsabgeltung stattgegeben wurde.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist umso bemerkenswerter, da nach der Rechtsprechung einiger Landesarbeitsgerichte die fehlende Herausnahme des Mindestlohnanspruchs nicht zur völligen Unwirksamkeit der Verfallklausel führte. Als Begründung wurde die einschränkende Formulierung „insoweit“ in § 3 Satz 1 MiLoG angeführt.

Fazit
Nicht jede Verfallklausel, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausgenommen hat, ist unwirksam. So hat das Bundesarbeitsgericht einen Vertrauensgrundsatz für sogenannte Altverträge aufgestellt, wonach eine Ausschlussklausel ohne Herausnahme des Mindestlohns jedenfalls dann insgesamt unwirksam ist, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31.12.2014 geschlossen wurde (Anspruch auf Mindestlohn besteht ab dem 01.01.2015!). In Anbetracht der vorgenannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sollte fortan bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen und gegebenenfalls auch im Rahmen von Vertragsänderungen darauf geachtet werden, dass Verfallklauseln den gesetzlichen Mindestlohn ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich herausnehmen.

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