Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Befristungsrecht

Neues zum Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundloser Befristung

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. In diesem Falle gilt das Arbeitsverhältnis aufgrund einer gesetzlichen Fiktion als auf unbestimmte Zeit geschlossen (unbefristet). Die Unwirksamkeit einer solchen Befristung muss der Arbeitnehmer allerdings innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages gerichtlich geltend machen (§ 17 TzBfG). Im Jahre 2011 hatte das Bundesarbeitsgericht dazu einschränkend entschieden, dass Vorbeschäftigungen, die länger als 3 Jahre zurückliegen, nicht zur Unwirksamkeit einer sachgrundlosen Beschäftigung führen. Mit Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.06.2018 hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 23.01.2019 (7 AZR 733/16) nunmehr eine Kehrtwende vollzogen und seine bisherige Rechtsprechung zur 3-jährigen Karenzzeit als Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot aufgegeben. Zur Begründung bezieht sich das Bundesarbeitsgericht auf die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Grenze vertretbarer gesetzlicher Vorgaben überschritten werde, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte.

Allerdings ist nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gleichwohl hinsichtlich der Norm des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eine verfassungskonforme Auslegung vorzunehmen, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung und Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit des Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung zur Erhaltung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regelbeschäftigungsform nicht erforderlich sei. Danach kann eine Vorbeschäftigung im Hinblick auf die Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses unschädlich sein, wenn sie

  • sehr lange zurückliegt,
  • ganz anders geartet war oder
  • von sehr kurzer Dauer gewesen ist.
  • Nach dem vom Bundesarbeitsgericht am 23.01.2019 entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer vom 19.03.2004 bis zum 30.09.2005 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und mit Wirkung zum 19.08.2013 erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28.02.2014 als Facharbeiter eingestellt worden. Da das vorangegangene Arbeitsverhältnis 8 Jahre zurücklag und die Vorbeschäftigung nur eine Dauer von 1 ½ Jahre hatte, erachtete das Bundesarbeitsgericht die sachgrundlose Befristung als unzulässig.

    Auch stellte das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23.01.2019 fest, dass sich der Arbeitgeber im Hinblick auf die im Jahr 2011 ergangene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur 3-jährigen Karenzzeit nicht auf einen Vertrauensschutz berufen könne, da er bei Abschluss des Arbeitsvertrages die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung hätte in Betracht ziehen müssen.

    Fazit

    Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.01.2019 ist klargestellt, dass auch sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse, bei denen eine Vorbeschäftigung weniger als 3 Jahre zurückliegt, nunmehr unwirksam sind. Allerdings könnte hier die unwirksame Befristung nach § 17 TzBfG geheilt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig eine Befristungskontrollklage erhoben hat. Ein vorsichtiger Arbeitgeber sollte zunächst auf sachgrundlose Befristungen mit Arbeitnehmern, die bereits irgendwann in der Vergangenheit bei ihm beschäftigt waren, vorerst verzichten. Es bleibt abzuwarten, wie die vorgenannten Ausnahmen zum Vorbeschäftigungsverbot durch die Rechtsprechung konkretisiert werden.

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